Kranke Kinder haben Vorfahrt – Wie funktioniert die Notfallambulanz am Clementine Kinder­hospital?

Mehr als 13.000 kranke Kinder suchen jedes Jahr die Notfallambulanz des Clementine Kinder­hospitals auf. Davon müssen rund 1.900 Kinder stationär aufgenommen werden. Im Interview erklärt Oberarzt Marco Haupt, Leiter der Notfallambulanz, wie die NOA am Clementine Kinder­hospital funktioniert, warum es manchmal zu langen Wartezeiten kommt und was Eltern im Krankheitsfall ihres Kindes am besten unternehmen.

Herr Haupt, wie sieht ein ganz normaler Samstag im Winter aus? 

Da sind alle im Team häufig bis an die Belastungsgrenze gefordert. Das Wartezimmer ist voll mit fiebernden Kleinkindern mit Husten, Schnupfen, Ohrenschmerzen. Kinder haben Fieber mit und ohne erkennbare Ursache, Magen-Darm-Erkrankungen, Hautausschläge. Dazu sehen wir viele besorgte Eltern. Zudem kommen Kinder, die vom kinder-ärztlichen Notdienst zur stationären Aufnahme eingewiesen oder mit dem Rettungswagen eingeliefert werden.

Was sind übers Jahr die häufigsten Erkrankungen, die Ihnen begegnen? 

Definitiv am häufigsten sehen wir Kinder mit fieberhaften Infekten, gefolgt von Magen-Darm-Erkrankungen. Kinder mit kleineren Verletzungen wie einer Gehirn­er­schüt­te­rung oder Platzwunden versorgen wir auch. Größere Verletzungen werden dagegen in der Kinderchirurgie am Bürger­hospital behandelt.

Haben Sie den Eindruck, dass sich Eltern bei Bagatellerkrankungen nicht mehr zu helfen wissen? 

Ich glaube schon, dass man früher innerhalb der Familie eher Erfahrungen miteinander geteilt hat. Heute sind Eltern mehr auf sich allein gestellt. Nicht nur deswegen halte ich Erste-Hilfe-Kurse für Eltern für eine sehr sinnvolle Sache. Wenn Eltern unsicher sind, was im Krankheitsfall zu tun ist, hilft ein Anruf bei der 116117. Dort können Eltern die Symptome besprechen und erhalten fachkundigen Rat, ob ein Arzt aufgesucht werden sollte, und wenn ja, ob dafür der kinderärztliche Bereit­schafts­dienst reicht oder ein Krankenhaus notwendig ist.

Was unterscheidet die Notaufnahme vom Ärztlichen Bereit­schafts­dienst?

Der Ärztliche Bereit­schafts­dienst ist die Anlaufstelle für kranke Erwachsene und nicht pädiatrisch orientiert oder geschult. Besser ist es, die kinderärztlichen Bereit­schafts­dienste an der Uni-Klinik Frankfurt, am Sana-Klinikum Offenbach oder am Klinikum Höchst aufzusuchen. Sie sind eine Vertretung der niedergelassenen Kinderärzte. Das heißt, dort sind abends und am Wochenende Kinderärzte im Dienst, die sonst in einer Praxis arbeiten. Sie kümmern sich auch um leichtere Erkrankungen. In unserer Notfallambulanz dagegen arbeiten Kinderärzte, die beim Krankenhaus angestellt sind. Sie versorgen in erster Linie Kinder, die stationär behandelt werden müssen. Es ist einfach wichtig zu wissen, dass wir kein Ersatz für einen niedergelassenen Kinderarzt sind, sondern in unserem Gesundheitswesen eine Ergänzung für schwer erkrankte Kinder, die eine dringende ärztliche Behandlung benötigen, die nur im Krankenhaus stattfinden kann.

Für gewöhnlich sind die Wartezeiten beim Bereit­schafts­dienst kürzer als in der Notaufnahme eines Krankenhauses. Warum ist das so?  

Beim kinderärztlichen Notdienst werden alle Kinder wie in einer Arztpraxis nach der Reihe ihres Eintreffens untersucht. Wenn ein Kind so schwer erkrankt ist, dass eine Behandlung im Krankenhaus notwendig ist, wird es von dort zu einem Krankenhaus überwiesen.

In einer Notaufnahme werden dagegen alle kranken Kinder triagiert und die schwer erkrankten Patienten zuerst behandelt. Deren Versorgung und stationäre Aufnahme umfasst mehr als eine bloße Untersuchung und nimmt viel Zeit in Anspruch. Diese Fälle verlängern dann die Wartezeit für alle anderen Kinder mit weniger schweren Erkrankungen.

Was bedeutet „triagiert“?  

Jedes Kind, das bei uns angemeldet wird, wird von einer speziell weitergebildeten Triage-Pflegekraft angeschaut. Sie bewertet nach dem Manchester-Triage-System, wie dringlich eine Behandlung ist. Diese Dringlichkeit wird im Anmeldesystem mit einer Farbgebung gekennzeichnet. Eine Einstufung in die Kategorie  „Rot“ heißt, es besteht möglicherweise Lebensgefahr und das Kind braucht sofort Hilfe. Abgestuft gibt es dann noch die Kategorien Orange, Gelb, Grün und Blau, die jeweils für eine andere Schwere der Erkrankung stehen.

Wofür dient diese Einteilung?

Die Triage hilft uns, nach objektiven medizinischen Kriterien eine Behand­lungs­rei­hen­folge festzulegen. Das heißt, ein Kind mit Atemnot wird eher behandelt als ein Kind, das weniger schwer erkrankt ist, etwa einen Hautausschlag abklären lassen möchte.

Wie viel Zeit nimmt die Versorgung eines schwer erkrankten Kindes in Anspruch?

Wenn ein Kind lebensbedrohlich erkrankt ist, das heißt Atemnot und Kreislaufprobleme hat, liegt zwischen Eintreffen des Kindes und seiner Verlegung auf die Station etwa eine Stunde. Das kranke Kind muss gründlich untersucht werden, manchmal muss es direkt inhalieren, damit es ihm besser geht. Es wird Blut abgenommen und erste Thera­pie­maß­na­hmen werden eingeleitet. Dabei stehen wir in ständigem Austausch mit den Eltern, klären sie über die Behandlung auf und beantworten ihre Fragen.

Erst wenn das Kind stabil genug ist, kann es verlegt werden. Auf der Station muss zuvor ein Bett vorbereitet werden. Mindestens zwei Personen sind während der Aufnahme eines Kindes voll eingebunden. Deswegen erhöht sich leider für alle leichter Erkrankten die Wartezeit mit jedem neu eintreffenden, schwer erkrankten Kind.

Werden Kinder, die mit dem Rettungswagen eingeliefert werden, bevorzugt?

Nicht unbedingt. Auch diese Kinder werden beim Eintreffen triagiert. Es geht bei der Behandlungspriorität immer darum, wie lebensgefährlich oder gesundheitsgefährdend eine Erkrankung ist. Auf welche Art das Kind bei uns eintrifft, ist egal. Aber ehrlicherweise muss man sagen, dass Kinder, die mit dem Rettungswagen kommen, überwiegend eine ernste Erkrankung haben und deswegen meist priorisiert behandelt werden.

Wie begegnen Sie Eltern, die sich über die langen Wartezeiten ärgern?

Mit Empathie. Die Eltern haben ein krankes Kind, sind besorgt und möchten, dass ihr Kind Hilfe erhält. Nun ist es aber so, dass unsere Triage-Fachkräfte die Situation medizinisch objektiv einschätzen, was dann oft nicht mit dem subjektiven Empfinden der Eltern zusammenpasst. Wenn dies zu Konflikten führt, teilen wir den Eltern mit, dass wir ihr Kind bereits eingeschätzt haben und kein Grund für Beunruhigung besteht. Wir erklären auch, dass die Triage uns hilft, bei einer Vielzahl an kranken Kindern die Notfälle herauszufiltern. Wir wissen, das ist manchmal schwer auszuhalten, aber die Eltern sollen wissen, dass ihrem Kind während der  Wartezeit nichts Schlimmes passiert. Sollte sich sein Zustand in der Zwischenzeit verschlechtern, dann sind Mitarbeitende vor Ort, die sie ansprechen können.

Was wünschen Sie sich von Eltern, die eine lange Zeit im Wartezimmer verbringen?

Ich wünsche mir, dass sie auch die anderen Eltern sehen, denen es genauso geht wie ihnen. Und dass sie Verständnis dafür haben, dass wir gerade Kinder behandeln, denen es wesentlich schlechter geht als ihrem eigenen. Ich möchte, dass sie freundlich bleiben und nicht unsere Mitarbeitenden angreifen. Es wird hier niemand bevorzugt, wir haben rein medizinische Auswahlprozesse.

Wann sollten Eltern gar nicht in die Notaufnahme kommen?

Immer, wenn leichte Erkrankungen schon länger bestehen und nicht akut sind. Ein drei Wochen alter Hautausschlag muss nicht Samstagnacht begutachtet werden. Dafür reicht der kinderärztliche Notdienst am Sonntag oder auch der reguläre Kinderarzt am Montag. 

Gibt es eine Faustregel, wann Eltern direkt ein Krankenhaus aufsuchen sollten?

Ja, die gibt es: Kinder, die apathisch sind, also nicht mehr richtig reagieren, oder die gar bewusstlos sind, gehören sofort ins Krankenhaus. Auch Krampfanfälle. Zudem jede Form von Atemnot: etwa Kinder mit bläulicher Verfärbung der Haut oder mit einer sehr schnellen Atmung. Eigentlich kann man sagen, dass alle Erkrankungen, für die man einen Rettungs-wagen benötigt, ein klarer Fall fürs Krankenhaus sind. Ein ohnmächtiges Kind würden Eltern ja nicht mit der U-Bahn zu uns bringen. Wenn man dagegen mit seinem Kind allein, in Ruhe, einen Arzt aufsuchen kann, ist der kinderärztliche Bereit­schafts­dienst fast immer die geeignete Anlaufstelle.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin

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Was bedeutet „triagiert“?  

Jedes Kind, das bei uns angemeldet wird, wird von einer speziell weitergebildeten Triage-Pflegekraft angeschaut. Sie bewertet nach dem Manchester-Triage-System, wie dringlich eine Behandlung ist. Diese Dringlichkeit wird im Anmeldesystem mit einer Farbgebung gekennzeichnet. Eine Einstufung in die Kategorie  „Rot“ heißt, es besteht möglicherweise Lebensgefahr und das Kind braucht sofort Hilfe. Abgestuft gibt es dann noch die Kategorien Orange, Gelb, Grün und Blau, die jeweils für eine andere Schwere der Erkrankung stehen.

Wofür dient diese Einteilung?

Die Triage hilft uns, nach objektiven medizinischen Kriterien eine Behand­lungs­rei­hen­folge festzulegen. Das heißt, ein Kind mit Atemnot wird eher behandelt als ein Kind, das weniger schwer erkrankt ist, etwa einen Hautausschlag abklären lassen möchte.

Wie viel Zeit nimmt die Versorgung eines schwer erkrankten Kindes in Anspruch?

Wenn ein Kind lebensbedrohlich erkrankt ist, das heißt Atemnot und Kreislaufprobleme hat, liegt zwischen Eintreffen des Kindes und seiner Verlegung auf die Station etwa eine Stunde. Das kranke Kind muss gründlich untersucht werden, manchmal muss es direkt inhalieren, damit es ihm besser geht. Es wird Blut abgenommen und erste Thera­pie­maß­na­hmen werden eingeleitet. Dabei stehen wir in ständigem Austausch mit den Eltern, klären sie über die Behandlung auf und beantworten ihre Fragen.

Erst wenn das Kind stabil genug ist, kann es verlegt werden. Auf der Station muss zuvor ein Bett vorbereitet werden. Mindestens zwei Personen sind während der Aufnahme eines Kindes voll eingebunden. Deswegen erhöht sich leider für alle leichter Erkrankten die Wartezeit mit jedem neu eintreffenden, schwer erkrankten Kind.

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Mit Empathie. Die Eltern haben ein krankes Kind, sind besorgt und möchten, dass ihr Kind Hilfe erhält. Nun ist es aber so, dass unsere Triage-Fachkräfte die Situation medizinisch objektiv einschätzen, was dann oft nicht mit dem subjektiven Empfinden der Eltern zusammenpasst. Wenn dies zu Konflikten führt, teilen wir den Eltern mit, dass wir ihr Kind bereits eingeschätzt haben und kein Grund für Beunruhigung besteht. Wir erklären auch, dass die Triage uns hilft, bei einer Vielzahl an kranken Kindern die Notfälle herauszufiltern. Wir wissen, das ist manchmal schwer auszuhalten, aber die Eltern sollen wissen, dass ihrem Kind während der  Wartezeit nichts Schlimmes passiert. Sollte sich sein Zustand in der Zwischenzeit verschlechtern, dann sind Mitarbeitende vor Ort, die sie ansprechen können.

Was wünschen Sie sich von Eltern, die eine lange Zeit im Wartezimmer verbringen?

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Uhr­­türmchen 2/2023

In dieser Ausgabe lesen Sie:

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